Pressebericht

Badische Zeitung 24.08. 2013

HOCHSCHWARZWALD. Die Zeit der Dampflokomotiven möchte die Interessengemeinschaft   3-Seenbahn   weiter am  Leben  erhalten und  bietet  wieder „Mit Volldampf an den See“ auf der Dreiseenbahn an. Ein Reisezug  mit einer  Dampflok  der  Baureihe  52 - 1944 von der Wiener Lokfabrik Florisdorf ge-baut – einem Eilzugwagen aus den 40er Jahren und drei sogenannten Donner büchsen – verkehrt auf den Gleisen zwischen Seebrugg  und  Löffingen und wieder zurück. Die IG 3-Seenbahn setzt sich aus Mitgliedern aller Altersgruppen zusammen. Vom Schüler bis zum Rentner ist alles vertreten. Um Mitglied zu werden,  muss man nur Freude an der Eisenbahn und viel Idealismus mitbringen.
Ein Endbahnhof einer Nebenbahn  der noch alle Anlagen hat, ist im Zeitalter einer schlanken  Netzinfrastruktur bei der Bahn eine Seltenheit.  Der Bahnhof Seebrugg ist daher etwas Besonderes. Aber es sind nicht nur seine kompletten Anlagen, die noch erhalten sind, sondern auch sei- ne Lage ist außergewöhnlich. Am Rande des Schluchsee gelegen, bettet sich der Bahnhof malerisch in die Landschaft des Hochschwarzwaldes ein. Da es einen Ort zum Bahnhof nicht gibt, präsentiert  sich auch das Umfeld noch weitestgehend wie in den 1950er-Jahre. Den Bahnhof Seebrugg wollen die Eisenbahnfreunde aus der Region erhalten. 2008 sollten die um- fangreichen Gleisanlagen des Bahnhofes Seebrugg  komplett  abgerissen  werden.
Dieser Umstand war die eigentliche Keimzelle  des  Vereins  IG 3-Seenbahn. Die Rettung des Bahnhofs ist gelungen. Jetzt soll er zu einem Freilichtmuseum weiterentwickelt werden.
Keine andere Strecke im Schwarzwald hatte eine so lange und wechselvolle Geschichte  wie  die  „Dreiseenbahn. 1908 wurde eine Bahnlinie geplant, die vom Titisee über St. Blasien an den Hochrhein führen sollte. Erst im April 1914  begannen allerdings die Vermessungsarbeiten. Der Erste Weltkrieg und die folgende wirtschaftliche Krise verzögerten das Projekt. Die Dreiseenbahn – sie endete end- gültig in Seebrugg - wurde erst am 2. Dezember 1926 als Nebenbahn eröffnet.
Der Dampfzug wird am Wochenende
24./25. August die zweiten Schluchseer Dampftage bereichern und verkehrt hier- zu nach einem Sonderfahrplan. Die Strecke nach Löffingen wird an diesem Wochenende   nicht  befahren.  Als Krönung der Fahrten wird am 31. August der historische „Rheingold“-Zug aus dem Rheinland zu „Dinner, Dampf und Kerzen- schein“  nach  Titisee  kommen  und  bis nach Seebrugg im normalen Museumszug mitgeführt.


 

Beim Anfeuern in Neustadt läge der Rauch über der Stadt
B Z - I N T E R V I E W  mit dem Vorsitzenden der Interessengemeinschaft 3-Seenbahn Jens Reichelt über die Anfänge und die nächsten Schritte der Dampfeisenbahner

 

Jens Reichelt F O T O : H O R S T  B Ö S S

Der 36-Jährige hat ursprünglich das Schreinerhandwerk gelernt und danach noch Betriebswirtschaftslehre studiert. Beruflich stieg er im Vertrieb bei einem Möbelhersteller aus dem Sauerland ein. 2005 ist er ich in die Region Süd- baden gezogen und hat die Landschaft erkundet. In Freiburg hat er eine Dampf- lok gesehen. Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen und hat in ihm den Wunsch geweckt, die alte Dampflo- komotive wieder fahren zu sehen. Mit Gleichgesinnten hat Reichelt die IG 3-Seenbahn gegründet.


SCHLUCHSEE. Mit Volldampf  an  den See heißt  es wieder auf der  Dreiseen- bahn und der oberen Höllentalbahn. Organisiert wird  das ganze  Dampflokspektakel von der Interessengemeinschaft  3-Seenbahn  mit  Unterstützung der Hochschwarzwald Tourismus GmbH. Die Beweggründe hinterfragte BZ-Mitarbeiter Horst A. Böß beim IG- Vorsitzenden Jens Reichel. BZ: Welche Ideen führten zur Gründung der Gemeinschaft  IG 3-Seenbahn ? Reichelt: Der  Ausgang war  der  große Wunsch und die Idee, die letzte Höllental- bahn-Dampflok, der Baureihe 85, die in Freiburg steht,  zu reaktivieren und wie- der vernünftig  laufen  zu lassen. Schnell war klar, dass auf Grund des hohen touris- tisches Potentiales und der Fahrpläne, als Fahrstrecke die Strecke Seebrugg - Titisee
- Löffingen  in Frage kommt. Die passt perfekt zur Lok von ihren Vorräten von ihrer Größe, sie ist früher auf der Strecke gefahren. Sie wäre zu 100 Prozent authentisch. Das ist auch die einzig sinnvolle Alternative, die man fahren kann.

BZ: Irgendwo  braucht man  auch einen Schuppen für die Lok ?

Reichelt: In Freiburg war gar nichts mehr. In Löffingen gibt es nichts mehr, auch  in  Neustadt  nicht.  Neustadt  liegt auch mitten im Talkessel, und wenn man da morgens eine Dampflok anfeuert, da liegt der Rauch über der ganzen Stadt. Das wäre auch nicht ganz so geschickt. In Seebrugg war es so, dass die Gleisanlagen noch original vorhanden sind. Allerdings waren sie sehr desolat. Damit war klar, ohne Seebrugg kein regelmäßiger Dampfzugbetrieb  mit einer  Originallok Baureihe 85.

BZ: Was waren die weiteren Schritte? Reichelt: Nächstes Ziel war den Bahnhof Seebrugg zu retten,  das ist uns gelungen. Wie man sieht, die Gleise liegen noch, die wären  sonst  2008   weg  gewesen.   Das zweite Ziel ist es, die Gleisanlagen zu sanieren   und  dann  mit  Dampfzügen  im Hochschwarzwald  zu fahren.  So ist das ganze Projekt 2008 gestartet. Wir fahren seither   mit  gemieteten   Wagen  irgend- wann kommt dann die eigene Dampflok dazu.

BZ: Wie ist die Gemeinschaft der Dampf- eisenbahnfreunde heute  aufgestellt, wie ist der Zuspruch?
Reichelt: Der Zuspruch für die Fahrten ist sehr, sehr gut und wird jedes Jahr besser.  Wir  fahren  seit  vergangenem  Jahr auch im Winter an fünf Tagen mit einem riesengroßen  Zuspruch. Die Perspektiveist eine sehr gute. Durch die vielen Besucher in der Region sind die Züge gut g füllt, so wie wir es prognostiziert haben. Der Verein ist mit sieben Leuten gestartet, inzwischen sind es über 90, Tendenz wachsend,  auch bei den Aktiven gibt es Zuwächse. Man muss aber auch sagen, dass die jahrelangen  schweren  Arbeiten an der Infrastruktur nicht gerade motivierend sind, weil wir seit Jahren nicht an Eisenbahnfahrzeugen arbeiten, sondern Tiefbauarbeiten  leisten  als Vorbereitung für die Gleissanierung. Derzeit läuft hier der Förderantrag über die Gemeinde Schluchsee. Unterstützt  wird das Projekt durch die Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald und Waldshut und von allen Gemeinden des Hochschwarzwaldes.

BZ: Was gehört neben dem rollenden Material noch alles der IG?
Reichelt: Wir sind nicht  nur im Besitz von rollendem Material uns gehören auch die ganzen Gleisanlagen und Anlagen des Bahnhofes Seebrugg. Das Gelände ist gepachtet  und rund  45 000  Quadratmeter groß. Das rollende Material umfasst sechs vierachsige Eilzugwaren, wobei der erste jetzt in Betrieb gegangen ist, die anderen werden hergerichtet, sowie zwölf historische Güterwagen, zwei Dieselloks und ei- ne E-Lok (E 44 als unbefristete Leihgabe des Verkehrsmuseums Nürnberg). Eine Diesellok ist in Seebrugg betriebsfähig vorhanden, die andere wird aufgearbeitet und steht in Freiburg. Es ist eine Originaldiesellok, exakt wie die, die früher hier für den Rangierdienst eingesetzt war.

BZ: Was steht für die Zukunft an? Reichelt: Die  Gleissanierung.  Danach die Übernahme  und Sanierung des Lok- schuppens.  Weiter sollen die E-Lok und weitere  drei  Reisezugwagen  in  Betrieb gehen. Außerhalb der Dampfsaison wird mit der E-Lok gefahren.